aus der Reihe: Gottscheer Flüchtlingsschicksale

Die Gottscheer Vereine haben uns vieles erleichtert

von Robert Jaklitsch,
aus Reintal,
lebte dann in New York / USA

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Ich komme aus Reintal, Gottschee. Mein Vater heißt Max Jaklitsch, meine Mutter war Maria Jaklitsch, geborene Tramposch. Ich habe noch einen Bruder Max, der zur Zeit in München wohnt und eine Schwester in Amerika.

Nach der Umsiedlung kamen wir nach Rann-Zundrowetz und haben da kurze Zeit für die damalige DAG (Deutsche Ansiedlungsgesellschaft) gearbeitet, dann mußten wir einen Bauernhof übernehmen. Mein Bruder ist bald eingerückt. Ich blieb mit meinen Eltern und meiner Schwester in der Unterstei­ermark bis zum Umsturz. Dann gings weiter nach Österreich durch die Lager Wagna bei Leibnitz und Kaiserwald bei Graz.

Von da aus ging ich zu einem Bauern, blieb aber nur etwa 7 Mo­nate. Mein Vater war der Meinung, daß ich und meine Schwester einen Beruf erlernen sollten. So kam ich nach Graz und arbeite­te zunächst als Hilfsarbeiter bei den Maurern.

Ich muß hier noch einfügen, daß mein Bruder Max mit uns umge­siedelt ist, aber nicht lange in der Untersteiermark blieb, sondern nach München ging, wo er zur Wehrmacht gezogen worden ist, zur deutschen Wehrmacht.

Zwischenbemerkung: Max Jaklitsch ist ja der zweite Vorsitzende der Gottscheer Landsmannschaft in der Bundesrepublik.

Ja, richtig. Aber nun zurück zu meinem Schicksal in Graz. Dort habe ich den Tischlermeister Nowak aus Gottschee kennengelernt und der verhalf mir zu einer Lehrstelle. Damals war es für Ausländer sehr schwierig, eine Lehrstelle zu bekommen. Ich hatte etwa 2 1/2 Jahre der Lehre hinter mich gebracht, da bekam ich die Auswanderungspapiere für Amerika. Im Dezember 1949 wan­derte ich mit meinem Vater aus. Ich hatte Onkel und Tanten drü­ben, die auch die Reisepapiere für uns besorgt hatten. Trotz der Unterstützung war es für uns nicht leicht, Arbeit zu finden. Der Krieg mit Vietnam fing gerade an, das war 1950, und es dauerte einige Wochen, bis ich Arbeit kriegen konnte.

Zwischenfrage: Wer half Ihnen drüben besonders?

Das waren schon meine Verwandten, meine Tante Maria Jaklitsch und ein Freund meines Vaters, John Maichin, auch ein Gottscheer. Der hatte eine große Fabrik, eine Strickerei, und der kannte einen Tischlermeister, eine kleine Tischlerei, Reparaturen und so. Bei dem begann ich. Der Lohn war natürlich sehr nied­rig, ich habe mit einem Dollar die Stunde angefangen. Aber wir waren trotzdem sehr zufrieden, weil die Umstände in Österreich noch viel schlechter waren; in Österreich habe ich noch viel weni­ger verdient, deswegen waren wir sehr zufrieden. Mein Vater war ungefähr vier Monate ohne Arbeit, für ihn war es noch schwieri­ger, er war älter, ungefähr 55, die Sprache konnte er ebenfalls nicht. Trotzdem, sein Bekannter, der John Maichin, hat ihm dann doch Arbeit gegeben. So, und bei mir gings bald aufwärts, immer weiter aufwärts. Ich war ungefähr 6 Monate in dieser Werkstatt, da fand ich einen besseren Platz mit höherem Lohn. Nun konnte ich schon ein bißl Englisch, dann ging schon alles leichter. Als wir kamen, waren natürlich schon viele Gottscheer drüben. Bei Hoge da haben wir uns alle getroffen, die Jugendlichen, die neu zugereist waren und die von drüben. Es hat uns wirklich viel gehol­fen, daß wir gleich Anschluß fanden. Es dauerte nicht lange, da haben wir einen Fußballklub gegründet. Der Name: Blau-Weiß Gottschee. Ich bin der Mitgründer Nummer 18. Und so haben wir Fuß gefaßt. Natürlich bin ich auch anderen Vereinen, so dem Krankenunterstützungsverein und dem Jägerklub namens Green Mountain Hunting Club beigetreten. So ging es in allem aufwärts, immer weiter aufwärts. Auch beim Blau-Weiß gings aufwärts. Zuerst fingen wir bei einem anderen Verein, dem D. C. Brooklyn an, weil wir nicht genug Spieler hatten, und ein Jahr später haben wir unsere eigene Mannschaft aufgestellt. Wenige Jahre später kam es dann schon zur Austragung der Meisterschaft. Ich glau­be, 1965 haben wir im Rahmen der Deutsch-amerikanischen Fuß­balliga den Deutsch-amerikanischen Fußballmeister gemacht. Damit haben wir die Jugend irgendwie zusammengehalten und das Deutschtum erhalten, haben die Jugend von schlechten Einflüssen abgehalten. In den Vereinen konnten sie Bekannt­schaft schließen und den Anschluß nicht verlieren. Unser Fußballverein ist jetzt schon ein bißl geschwächt, weil viele immer wieder wegbleiben oder Familienangelegenheiten dazwischen kommen und auch weil der Profifußball begonnen hat, haben wir an Stärke eingebüßt. In den amerikanischen Schulen wird jetzt ebenfalls Fußball gespielt, wodurch wir auch Spieler eingebüßt haben. In den besseren Zeiten haben wir sogar eine Europareise unternommen und haben einige Unentschieden erreicht, auch ein paar Siege, gegen schwächere Mannschaften natürlich. Unsere Jugendmannschaft hat ebenfalls sehr große Erfolge drüben erzielt und ist heute noch eine der wichtigen Jugendvereine. Soviel vom Fußball.

Als ich 1950 rüber kam, trat ich gleich dem Krankenunterstützungsverein bei. Das ist ein Verein, der auch viel für die Gottscheer leistet. Im Falle einer Krankheit wird man irgendwie unterstützt, es ist nicht viel, aber es ist eine wirksame Hilfe. In den 50iger Jahren gab es viele Gottscheer drüben. Auf den Bauernball kamen damals ungefähr 2.000 Personen. Die Teilneh­merzahl ging von Jahr zu Jahr etwas zurück, denn von den älte­ren Gottscheern starben viele. Aber vor kurzem haben wir wie-der einige jüngere Mitglieder neu dazubekommen, so daß unsere Vereine vielleicht doch noch länger existieren werden.

Im Jagdverein, dem Green Mountain Hunting Club, sind vorwiegend Gottscheer, aber auch einige Deutsch-Österreicher. Auch dieser Klub veranstaltet jährlich zwei Bälle, die insofern eine besondere Note haben, als man dort mit Landsleuten zusammen kommt, die viel für Natur, Jagd usw. übrig haben.

Zwischenfrage: Was wird gejagt drüben?

Hasen, Rehe, Hirsche natürlich, auch Bären, Wutschaks, wie wir drüben sagen, die werden nicht gegessen …

Zwischenfrage: Was sind Wutschaks?

Ich weiß nicht, wie sie auf Deutsch heißen. Murmeltiere oder – ich hab sie einmal hier in Europa gesehen, droben am Großglockner.

Müssen Sie weit hinaus fahren, in die Appalachen?

Wir haben ungefähr so 100, 150 Meilen zu fahren und jagen mei­stens auf Privatland. Ich hab ungefähr 30 Acre, das sind ungefähr 50 Hektar und viele Gottscheer besitzen gleichfalls Grund und Boden da, auf dem wir die Jagd betreiben.

Bitte berichten Sie nun, wo Sie beruflich tätig sind.

Bis 1960 war ich als Arbeiter im Betrieb und wurde dann Vor­arbeiter. Ich war sehr beliebt im Betrieb und bin dann als Teil­haber eingestiegen, als Partner, wie man drüben sagt, des ersten Inhabers. Nach 12 Jahren wurde die Nachbarschaft schlechter und schlechter. Da haben wir verkauft, wir hatten ungefähr 45 Arbeiter damals. Das Geschäft ging damals ziemlich gut.

Zwischenfrage: Wieso wurde die Nachbarschaft schlechter?

In die Nachbarschaft zogen mehr und mehr Schwarze und Puertorikaner. Über Nacht gab es mehr Einbrüche. Kleine Maschinen und vieles andere wurde gestohlen. Darüber waren wir empört und es bot sich eine gute Gelegenheit, den Betrieb zu verkaufen und wir taten es. Ich bin als Geschäftsführer aber in der Firma geblieben. Wir sind dann nach Younkers umgezogen und haben uns maschinell neu eingerichtet. Maschinen aus Deutschland und Amerika, die modernsten Maschinen. Wir verarbeiten in der eige­nen Leimerei Furniere und Hartholz der verschiedenen Baumar­ten. Wir sind sehr beliebt drüben, weil wir Qualität liefern. Wir beschäftigen vorwiegend Fachleute aus Europa: Italiener, Deut­sche, Jugoslawen, Tschechen und Polen. Wir arbeiten für Geschäf­te, Kanzleien, auch Privatwohnungen, stellen sehr, sehr schöne Sachen her, komplizierte Sachen und haben schon nach Paris geliefert, nach Chicago, Los Angeles und überall hin in die Staaten sowieso. Alles wird heiß geleimt und sehr schnell verarbeitet.

Zwischenfrage: Wann haben Sie geheiratet, Herr Jaklitsch?

Geheiratet habe ich 1953, drei Jahre nachdem ich in die Staaten eingewandert bin.

Auch eine Gottscheerin?

Meine Frau habe ich schon in Europa kennengelernt. Sie kam ein Jahr später rüber, hat ungefähr ein Jahr hier gearbeitet, bis wir ein bißl Geld erspart hatten und heiraten konnten. Meine Frau stammt aus Stalzern in Gottschee, sie ist eine geborene Osanitsch.

Wie ist Ihr Kontakt mit Europa?

Mit Europa ist der Kontakt ziemlich gut, weil ich noch Verwandte hier habe und meine Frau auch. Das erste Mal kamen wir 1965 auf Besuch nach Europa, das zweite Mal 1969 und jetzt 1981 wieder.

Welches Reiseprogramm haben Sie sich diesmal vorgenommen?

Zunächst haben wir meinen Bruder in Weilheim für einige Tage besucht, haben München etwas näher kennengelernt und reisten dann nach Italien weiter. Florenz und Rom und die vielen ande­ren berühmten Städte sollte man schon auch kennenlernen. Über Venedig ging es dann nach Gottschee, in die alte Heimat. Da greifts uns schon immer a bißl an, werden etwas unruhig, bevor wir reinkommen. Es ist doch alles anders jetzt da, nichts ist mehr, wie’s früher war. Selbst die Sprache sprech ich nicht, das Slowenisch und Jugoslawisch, das macht es doppelt schwierig. Man möchte Fragen stellen, sich etwas verständigen … Ein Kontakt ist leider nicht mehr möglich.

Zwischenbemerkung: Und jetzt sind Sie auf der Gottscheer Woche?

Ja, jetzt sind wir auf der Gottscheer Woche, die uns sehr interes­siert hat. Es ist wirklich Geschichte, was man in Amerika kaum erleben kann, was Geschichte anbelangt.

Und wär es möglich, daß Sie in Europa, vielleicht in Österreich später in Pension gehen? Der Dollar steht ja sehr hoch im Kurs.

Ich glaube nicht, daß es so weit kommen wird. Wir haben drüben doch einen großen Kreis von Gottscheern und die Vereine. Und wenn man einmal dreißig Jahre drüben ist, hat man drüben wieder Heimat gefunden, sozusagen. Es ist ein fremdes Land, aber trotzdem Heimat. Ein jeder hat sich was erarbeitet und fühlt sich schließlich daheim, fühlt sich wohl.

Zwischenfrage: Was fiel Ihnen in diesen Wochen als besonderer Unterschied zu Amerika hier auf?

Das Leben in Amerika wird weniger durch Politik beeinflußt; wie soll ich sagen, man hat nicht soviel Angst vor Kriegen und es wird nicht soviel politisiert. Europa mit den vielen Ländern und Sprachen und Grenzen ist etwas ganz anderes als Amerika. Groß sind auch die Preisunterschiede, aber das ist ein anderes Kapitel.

So, Herr Jaklitsch, ich möchte Sie nicht länger aufhalten, danke Ihnen für den Bericht.

Ich danke Ihnen.

Quellenangaben:

1330 – 1941  Gottschee
Die ehemalige deutsche Sprachinsel
Heft 4 und 5

Bearbeitet von:
Wilhelm Lampeter und Ludwig Kren
Herausgeber:
Gottscheer Landsmannschaft in Deutschland

Weilheim 1994