Freilich, die Hilfsvereine hatten primär soziale Aufgaben zu erfüllen. Die materielle Not war drückend, Kleidung, Wohnung und Arbeitsplätze fehlten. Unsere Leute hatten kein Einkommen, und – was sie besonders hart traf – sie waren „Ausländer“ mit allen mit diesem Status verbundenen Folgen. Der Altgediente der österreichischen Monarchie war ein Fremder in der Heimat. Was das heißt, kann nur der selbst Betroffene ermessen und beurteilen. Ganz schlimm war es für die alten Leute, die keine Angehörigen mehr hatten. Sie stellen sich mit Recht die Frage: Sind wir jetzt schuld, daß es diesen elendsten aller Kriege gab? Haben nun wir die Folgen zu tragen? Dazu kamen noch die Suche und auch vielfach die Trauer um verschollene und verlorene (im wahrsten Sinne des Wortes) Angehörige.
Hier boten die gegründeten Hilfsvereine echten Heimatersatz. Die veranstalteten Treffen waren gut besucht; die Landsleute freuten sich auf die heimatlichen Begegnungen. Das gegenseitige Mitteilen des Schicksals und Erlebten gab Trost und Kraft und Mut. Man wußte, daß man nicht allein ist – auch nicht mit seinem Schicksal.
Wir müssen heute jenen Männern von Herzen danken, die die Situation erkannten und heimat bewußt handelten. Sie taten ihre Arbeit selbstlos um der Sache willen, der Gemeinschaft wegen, um dem Nachbarn und Freund zu helfen. Dabei hatten sie selbst um ihr tägliches Brot zu kämpfen!
In Österreich war es so, daß – nicht zuletzt bedingt durch die bestehenden Zonengrenzen der Besatzung – die einzelnen Vereinigungen selbständig arbeiten mußten; später im Rahmen der bei den Landesregierungen eingerichteten Zentralberatungsstellen. Die Lage jedes einzelnen Landsmannes war ja anders.
Aber schon zu jener Zeit – gegen Ende der fünfziger Jahre – ergab sich die Notwendigkeit einer engeren Zusammenarbeit. Die Aufgaben der einzelnen Vereine waren auch nicht mehr nur auf soziale Hilfe ausgerichtet. Es war notwendig, das Umsiedlervermögen zu erfassen, aber auch das kulturelle Erbe unserer Vorfahren und unserer Heimat zu erhalten, zu konservieren. Die Notwen- digkeit eines gemeinsamen Vorgehens erwies sich als dringend erforderlich.
Durch die vielen Abwanderungen unserer Landsleute nach übersee, vor allem den USA und Kanada, ergab sich auch eine andere Vorgangsweise bei den Vermögens- forderungen. Gott sei Dank erkannten alle Verantwortlichen den dringenden Wink der Zeit. In den USA hatten die im Raume von Groß-New York segensreich wirkenden Vereinigungen bereits einen gemeinsamen Koordinator, die Gottscheer Relief Association, Inc. Nur dank ihres Wirkens waren die gewährten Hilfsmaßnahmen entsprechend wirksam. Die Namen der einzelnen führenden Persönlichkeiten hier anzugeben, würde den Rahmen dieser Abhandlung sprengen; sie sind an anderer Stelle erwähnt, wenn auch nicht vollständig.
In Europa fehlte eine der Relief Association entsprechende Dachorganisation. Dies war ein Nachteil, dem abgeholfen werden mußte. Dazu kamen staatliche (sprich: gesetzliche) Schwierigkeiten.
Die bereits 1955 wiedergegründete „Gottscheer Zeitung“ war ein einigendes Band, das für die Zusammenarbeit sicherlich eine entsprechende Basis bot: Zumindest der Austausch und die Bekanntmachung von Nachrichten, die von allgemeiner Wichtigkeit waren, waren möglich. Doch dies mußte noch wirksamer werden, zumal das Erscheinen der Zeitung zunächst auf das Vierteljahr, dann auf den Monat beschränkt war und blieb.