Geschichte des Staatsgymnasiums in Gottschee

Mit kaiserlicher Entschließung vom 10. September 1871 wurde über Einschreiten der Gemeindevertretung unter dem Bürgermeister Josef Braune, Apotheker in Gottschee, die Errichtung eines Staatsuntergymnasiums in Gottschee mit deutscher Unterrichtssprache genehmigt. Mit Erlass des Ministeriums für Kultus und Unterricht vom 24. Oktober 1872 wurde zum Direktor dieser Anstalt Benedikt Knapp, Professor am Obergymnasium in Laibach, ernannt. Am 28. Oktober schon erfolgte die feierliche Eröffnung der neuen Lehranstalt als Staats‑Untergymnasium und am 4. November begann der regelmäßige Unterricht mit der ersten Klasse. Denselben erteilten Direktor Knapp, der supplierende Gymnasiallehrer Franz Skaberne, der Pfarrdechant Josef Novak und der supplierende Zeichenlehrer Julius Hofholzer.

Im ersten Studienjahre dienten als Unterrichtsräume zwei vom Bürgermeister Braune von seiner Wohnung abgetretene Zimmer im ersten Stockwerke des später für die Fachschule für Holzindustrie angekauften und verwendeten Hauses. Am 26. Jänner 1873 wurde am Gymnasium auch ein Sonntags‑Zeichenkurs für Gewerbetreibende eröffnet, der nach einigen Jahren zu einer gewerblichen Fortbildungsschule ausgestaltet wurde. Nach Schluss des ersten Schuljahres schied von der Anstalt der liebevolle Lehrer Skaberne. Im zweiten Studienjahre kamen an das Untergymnasium in Gottschee der Gymnasiallehrer Anton Pischek und der Supplent Ludwig Mayer. Als Unterrichtsräume dienten die im Erdgeschosse befindlichen Räumlichkeiten des hiesigen Pfarrhauses. Der Bau des Gymnasialgebäudes begann im Frühjahr 1873 und wurde schon im November desselben Jahres vollendet und bezogen. Im Jahre 1874 und 1875 kamen an die Anstalt Peter Wolsegger und Josef Obergföll, die die ganze Zeit ihrer Lehrtätigkeit am Gottscheer Gymnasium verbrachten und mit Liebe und Eifer für das Gedeihen der Anstalt und für das Wohl des Gottscheer Ländchens tätig waren.

Die ersten Studenten des neu gegründeten Realgymnasiums in Gottschee am Ende des ersten Schuljahres 1872/73 zeigt folgendes Bild:

v. li. n. re:
liegend: Arko Jakob, Ditz Franz,
sitzend: Prof. Skraberne, Röthel Josef, Gramer Johann, Göderer Josef, Braune Josef, Handler Josef,
stehend: Porupski Josef, Pfefferer Alfons, Schleimer Alois, Fink Johann, Tscherne Johann, Scheschark Franz, Petsche Josef, Ramor Josef, Perz Andreas, Eppich Josef, Cestin Johann.

Von diesen sind (1930) noch am Leben: :
Schleimer Alois, Handelsmann in Brünn;
Tscherne Johann, Handelsmann in Agram;
Scheschark Franz, Oberlehrer a.D. in Gottschee;
Perz Andreas, Regierungsrat a.D. in Wien;

Die ersten Absolventen des Untergymnasiums in Gottschee im Jahre 1876 aber waren:
Porupski Josef aus Gottschee, starb als Pfarrer in Nesseltal;
Scheschark Franz, lebt als Oberlehrer i.R. in Gottschee;
Göderer Josef aus Mooswald (Gottschee), starb als Oberlehrer in Altlag 1910;
Handler Josef aus Gottschee, starb als Advokaturskandidat in Graz;
Ditz Franz aus Duppau in Böhmen (Steinwand), starb als Generalsekretär der Handelskammer in Esseg 1925;
Fink Johann aus Mitterdorf (Gottschee), starb als Steueroberverwalter i.R. in Gottschee 1916;
Pfefferer Alfons aus Gottschee, starb als höherer Eisenbahnbeamter;
Suhadobnik Oskar aus Möttling (Gottschee), starb als Steuerverwalter in Bosnien;
Picek Josef aus Hof bei Seisenberg starb als Student;
Petsche Josef aus Gottschee, starb als Gastwirt und Besitzer in Mösel.

Als erste reife Frucht des Gottscheer Gymnasiums kamen in die Heimat die Lehramtskandidaten Scheschark und Gödrer, die beide im Jahre 1880 als Lehrer an der Knabenvolksschule in Gottschee angestellt wurden. Ersterer verblieb durch 39 Jahre, d. i. bis zu seiner Enthebung und nachheriger Pensionierung im Jahre 1919 an dieser wichtigen Schule, die mit Vorliebe auch von fremden Schülern ‑ Slowenen und Kroaten aus vermögenderen Familien ‑ zwecks besserer Ausbildung fürs praktische Leben aufgesucht wurde, letzterer hingegen bis zu seiner Ernennung als Oberlehrer an der Volksschule Altlag am 28. Dezember 1888. Dank des Fortbestandes und des Aufblühens unserer deutschen Mittelschule kam immer stärkerer Zufluß an einheimischen Lehrern und Priestern ins Ländchen, und neues frischpulsierendes Leben entwickelte sich in Stadt und Land Gottschee. Ein heimatbegeisterter Priester‑ und Lehrerstand wirkte und wirkt zum Teil noch heute mit warmen Herzen und ehrlicher Gesinnung für das Wohl und Gedeihen des Gottscheer Völkleins.

Das folgende Bild zeigt uns die Teilnehmer an der ersten Lehrerkonferenz für die deutschen Schulen des Gottscheer Bezirkes unter dem einheimischen Bezirksschulinspektor Professor Rudolf E. Perz am 15. Juli 1905 in Mitterdorf, bei welcher Gelegenheit Oberlehrer Scheschark, Oberlehrer Göderer und Lehrer Friedrich Kaucky auch ihr 25-jähriges Dienstjubileum feierten.

Die Gottscheer Lehrerschaft 1905

Zur Ehrung und zur dauernden Erinnerung wurde den Jubliaren vom Gottscheer Lehrerverein, der alle Lehrer der Gottscheer Sprachinsel vereinte und der auch dem deutsch-österreichischem Lehrerbund angehörte, je ein Bild des Pädagogen Friedrich Ad. Wilh. Diesterweg samt Rahmen und mit der Unterschrift aller deutschen Berufsgenossen versehen, überreicht.

Im Jahre 1878 wurde das Gymnasium in ein Staatsuntergymnasium mit obligatem Zeichenunterricht umgewandelt. Im Jahre 1880 traten die hochherzigen Johann Stampfl’schen Studentenstiftungen ins Leben, und im gleichen Jahr wurde der von Direktor Knapp gegründete Gymnasial‑Studentenunterstützungsfond in einen Unterstützungsverein für dürftige Gymnasialschüler umgewandelt, durch welche Schöpfungen der Bestand der Anstalt für die Zukunft gesichert wurde. Das Protektorat des Unterstützungsvereines übernahm im Jahre 1885 Seine Durchlaucht Fürst Karl Auersperg, Herzog von Gottschee. Als Gönner und Förderer des neu gegründeten Gymnasiums beziehungsweise des Unterstützungsfond sind außer den einzelnen Bürgern und Beamten in Gottschee zu erwähnen: Landesschulinspektor Johann Solar sowie die Kaufleute Josef Meditz in Hernals, J. Michitsch in Leitmeritz und Josef Petsche in Prag. Als dauernde Wohltäter der Anstalt beziehungsweise des Unterstützungsvereines sind außer dem hochsinnigen Stifter Johann Stampfl aus Prag zu nennen Fürst Karl Auersperg, Herzog von Gottschee, die Stadtgemeinde Gottschee, der Krainische Landesausschuß, die Krainische Sparkasse, der Deutsche Schulverein, der Verein Südmark, die Trifailer Kohlenwerksgesellschaft sowie viele einstige Schüler mit Kaplan Johann Mausser an der Spitze.

Nach 22‑jähriger ausdauernder und erfolgreicher Tätigkeit trat Direktor Knapp am 1. August 1894 als Siebzigjähriger in den dauernden Ruhestand, und sein langjähriger Mitarbeiter Professor Wolsegger setzte die segensreiche Tätigkeit als Direktor des Gottscheer Gymnasiums bis zu seiner Versetzung in den dauernden Ruhestand am 3. September 1908 fort, nachdem er durch volle 34 Jahre hier gewirkt hatte. Mit Direktor Wolsegger schied von der Anstalt auch Professor Josef Obergföll, dessen lobend anerkanntes Wirken ihn durch 33 Jahre am Gymnasium in Gottschee festhielt. Während seiner Amtstätigkeit in Gottschee bekleidete Direktor Knapp auch die Ehrenstelle eines Ortsschulinspektors, die nach dessen Abgang an Professor Obergföll überging; Direktor Wolsegger versah hingegen vom Jahre 1891 bis zum Jahre 1905 auch den beschwerlichen Posten eines Bezirksschulinspektors für die deutschen Schulen der Bezirke Gottschee, Rudolfswert und Tschernembl.
Direktor Knapp wurde bei seinem Abgang durch Verleihung des Franz Josef Ordens und durch die Ernennung zum Ehrenbürger der Stadt Gottschee geehrt, Direktor Wolfsegger hingegen durch Verleihung des Titels eines Regierungsrats und Professor Obergföll durch Verleihung des Titels eines Schulrates geehrt.

Mit allerhöchster Entschließung vom 28. Mai 1907 wurde das Staatsuntergymnasium in Gottschee zu einem vollständigen Staatsgymnasium ausgestaltet und im Schuljahre 1907/08 mit der Eröffnung der fünften Klasse begonnen. Der Umbau des alten Gymnasialgebäudes erfolgte im Jahre 1909. Die Kosten der Stadtgemeinde hiefür beliefen sich auf rund 111.000 Kronen.
Nach Abgang des Direktors Wolsegger führte Professor Kuno Hoöövar die interimistische Leitung bis 30. November 1908. Mit aller höchster Entschließung vom 4. November 1908 wurde Professor Dr. Franz Riedl zum Direktor des Staatsgymnasiums in Gottschee ernannt, wo er bis zum Umsturze eine außerordentlich fruchtbare Tätigkeit entfaltete. Die ersten Reifeprüfungen wurden am 14. Juli 1911 unter dem Vorsitze de Landesschulinspektors Albin Betar abgehalten und es erhielten hiebei ein Schüler ein Zeugnis der Reife mit Auszeichnung und sechs Schüler ein Zeugnis der Reife.
Nach dem Umsturze traf das deutsche Staatsgymnasium in Gottschee das gleiche Schicksal wie alle anderen deutschen Anstalten Sloweniens.

Quellen:

Zur Geschichte des Realgymnasiums in Gottschee.
Von Franz Scheschak, Oberlehrer i.R., Gottschee

in: Jubiläums-Festbuch der Gottscheer-600-Jahrfeier 1930, S. 135-140, Druckerei Josef Pavlicek, Gottschee