Vereinsgeschichte der GLM Deutschland

Jede wachsende Gemeinschaft macht gewisse Entwicklungsphasen durch, nur sind diese nicht immer und nicht für jeden klar auseinanderzuhalten. Bei genauer Analyse stellen sie sich jedoch dem Betrachter. Unsere Landsmannschaft kennzeichnen drei Phasen, die untrennbar mit Namen verbunden sind. Es soll hier der Versuch unternommen werden, diese Phasen herauszuarbeiten und zu charakterisieren.

Erste Phase – Ferdl Wittine – Sepp Frank

In der Bundesrepublik Deutschland wurde am 17. August 1952 in Aldegund an der Mosel die „Landsmannschaft der deutschen Umsiedler aus der Gottschee in Deutschland e. V.“ gegründet. Die Anmeldung erfolgte am 27. Februar 1953 beim Amtsgericht Zell/Mosel, sie ist von den Gründungsmitgliedern Johann Pangretitsch (er war der erste Obmann des Vereins und gebürtig aus Obermösel), Josef Frank aus Tschermoschnitz, Ferdinand Röthel aus Ribnik. Johann Matzelle aus Wiederzug, Robert Schmuck aus Nesseltal, Josef Weiß aus Obermösel und Adolf Grill aus Tappelwerch unterzeichnet. Sepp Frank wurde Geschäftsführer.
Den Initiatoren, Ferdl Wittine aus Rieg und Sepp Frank, ging es darum, die in die Bundesrepublik gekommenen, weit verstreut lebenden Gottscheer ausfindig zu machen, ihre Ansprüche auf Ersatz des Vermögens zu unterstützen und ihnen. soweit die Möglichkeiten gegeben waren, zu helfen. Insbesondere wurde versucht, die Anerkennung als Umsiedler seitens der Nachfolgestaaten des ehemaligen Deutschen Reiches zu erhalten und entsprechend dem Umsiedlervertrag entschädigt zu werden. Es ging aber auch darum, das kulturelle Erbe zu pflegen und zu dokumentieren. Ein Höhepunkt war das erste Gottscheer Treffen in Köln zu Pfingsten 1956, an dem etwa 400 Personen teilnahmen. Ferdl Wittine appellierte an die Teilnehmer, die Kräfte der neuen Heimat zur Verfügung zu stellen, vor allem aber die geistigen Kräfte zu sammeln und in der Gottscheer Gemeinschaft zu erneuern.

Zweite Phase: Reorganisation – Max Jaklitsch

Am 5. Mai 1957 zeitigten die Aktivitäten im Raume München die ersten Erfolge. die Veranstaltungen im „Dürnbräu“ im Tal wurden regelmäßig sehr gut besucht. Die am 26. April 1958 erfolgte Gründung des „Gottscheer Arbeitskreises“ trug wesentlich zur Verstärkung der landsmannschaftlichen Tätigkeit bei. Der Initiator war Max Jaklitsch (Reintal), die Landsleute Josef Janesch, Ernst Stalzer, Rudolf Jonke, Georg Brändle, Franz Schaffer, Johann Fink, Adolf Kikel, Friedrich und Franz Kresse unterstützten ihn dabei. Im folgenden Jahr, am 4. und 5. April 1959, fanden in Salzburg Gespräche zwischen der „Landsmannschaft der Umsiedler“ und dem „Arbeitskreis München“ statt: Dr. Michitsch leitete sie und entwarf in der Folge die Statuten der „Gottscheer Landsmannschaft in Deutschland“, die am 17. Mai 1959 bei der Hauptversammlung in Köln ohne Gegenstimmen angenommen wurden.

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Gottscheer Treffen am 8. Juli 1958 im „Dürnbräu“ in München anläßlich des Besuches von Karl J. Stalzer und dessen Gattin. Die Festansprache hielt der bereits verstorbene Karl Schuster aus Verdreng, während Max Jaklitsch den Gast begrüßte.

Unter dem Vorsitz von Alois Stalzer (Niedermösel), Stellvertreter und treibende Kraft war Max Jaklitsch, beschlss man die Gründung von drei Landesgruppen in Deutschland. „Nord-West“ machte den Anfang am 8. Novem­ber 1959 in Köln (Vorsitzender Franz Nelles): es folgten Baden-Württemberg in Stuttgart am 25. November 1959 (Vorsitzender Kurt Bartelme) und Bayern in München am 28. November (Vorsitzender Max Jaklitsch). Diese Zusammen­schlüsse waren dazu angetan, die Breitenarbeit zu fördern und weitere Landsleute zu erfassen. Die Mitgliederzahl stieg erheblich an, die Zahl der Zeitungsbezieher von 350 auf über 500. Auch konnten Kontakte zu Behörden intensiviert werden.

Um die Zusammenarbeit weltweit zu koordinieren, wurde am 14. August 1960 in Ulm an der Donau die .,Arbeitsgemeinschaft der Gottscheer Landsmannschaften“ gegründet; der Vorstand setzte sich aus Dr. Viktor Michitsch, Ferdl Wittine und Volksschuldirektor Fritz Högler zusammen. Bei der Weihnachtsfeier dieses Jahres in München wirkten Pfarrer Alois Krisch sowie Dr. Erich Petschauer mit. Den Shipplinkh spendete das Ehepaar Reischl (und dies blieb bis heute so).

„Zehn Jahre“ Landsmannschaft in Deutschland begingen wir am 10. Juni 1962 in Köln, prominenter Gast war John Kikel aus den USA, den Max Jaklitsch begrüßte. Bei dieser gut besuchten und gelungenen Veranstaltung wurden an verdiente Mitarbeiter Urkunden und Abzeichen verteilt und es wurde auf die Hilfe hingewiesen, die den Bedürftigen durch Spenden aus den Vereinigten Staaten und aus Kanada zuteil wird. Auf die verstärkte individuelle Betreuung ist auch das Ansteigen der Mitgliederzahlen der Landsmannschaften zurückzuführen. In diese Zeitspanne fällt die Abwicklung des Lastenausgleiches. wobei die Landsleute-An­tragsteller von einem Referat in der Landsmannschaft beraten wurden: der langjährige Sprecher der Landsmannschaft. Ferdl Wittine, ist beruflich in der Heimatauskunftsstelle in Stuttgart tätig.

Dritte Phase: Kultur. Öffentlichkeitsarbeit – Richard Lackner, Johann Pangretitsch

Nachdem die Landsleute Alois Kikel (Kletsch), Johann Kraker (Fliegendorf), Alois Stalzer, Max Jaklitsch. Ernst Petsche (Obermösel), Ferdinand Wittine (Rieg) und Adolf Stalzer (Reichenau) verdienstvoll als Vorsitzende gewirkt hatten, wurde bei der Hauptversammlung am 2. Juni 1968 Richard Lackner mit dem Vorsitz betraut. Bei dieser Hauptversammlung wurde zugleich das 15 Jahre währende Bestehen der Landsmannschaft in Deutschland entsprechend begangen. Am 1. September 1968 findet in der Stadthalle in Sindelfingen auf Einladung der Landsmannschaft der Donauschwaben ein Volkstumsabend statt, bei dem die Sing- und Trachtengruppe der Gottscheer Landsmannschaft in Klagenfurt mit-wirkt. Die Gottscheer Volkslieder, die Mundart, die Volkskultur, interpretiert von Richard Lackner. erhielten nicht nur spontanen Beifall im vollbesetzten großen Saal, es war vielmehr, als ob sich Geist und Leben der 600 Jahre alten Sprachinsel­gruppe vorgestellt hätten. Von allen Seiten schlug den Gottscheern eine Welle der Zuneigung entgegen und Sindelfingen, die Patenstadt der Donauschwaben, erklärte über Oberbürgermeister Arthur Gruber die Bereitschaft, die Gottscheer auf dem Gebiet der Pflege ihrer althergebrachten Kultur tatkräftig zu unterstützen: dem schlossen sich auch die Vertreter der Landesregierung von Baden-Württem­berg und des Bundesministeriums des Inneren in Bonn an.

Nun konnte sich die Gottscheer Landsmannschaft in Deutschland planmäßig kulturellen Aufgaben widmen. Es erschien im April 1969 die erste Beilage zur Gottscheer Zeitung. Diese „Beiträge zur Geschichte und Kultur der Gottscheer“, herausgegeben von der Gottscheer Landsmannschaft in Deutschland, haben seither Wesentliches über unsere Vergangenheit ausgesagt und vieles, das schon verloren schien, aufgezeichnet und für die Forschung gesichert. Am 28. Juni 1970 wurden die Feiern „640 Jahre Gottschee“ eingeleitet. Es wirkten neben der Sing-und Trachtengruppe der Gottscheer Landsmannschaft in Klagenfurt, Donauschwä­bische und Egerländer Trachtenträger mit. Den Festvortrag hielt Dr. Maria Kundegraber, Joanneum in Graz, über „Volkskultur der Gottscheer“. Die Schirmherrschaft über die zweitägige Veranstaltung, an der rund 500 Gottscheer aus der Bundesrepublik und Abordnungen aus Klagenfurt, Graz, Wien und New York sowie anderer Vertriebenenverbände teilgenommen hatten, übten Staatssekretär Sepp Schwarz (Stuttgart) und Oberbürgermeister Arthur Gruber (Sindelfin­gen) aus. Anläßlich dieser Feier wurde in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemein­schaft die Festschrift „640 Jahre Gottschee“ aufgelegt.

Beim Bundestreffen in Ulm am 10. Juni 1973 („20 Jahre Landsmannschaft in Deutschland“) wirkte die Singgruppe aus Klagenfurt wiederum mit. P. Schager, ein Gottscheer Priester, der in Wien der Seelsorge obliegt, hielt den Gottesdienst.

Der Präsentation des „Wörterbuches der Gottscheer Mundart“ von Dr. Walter Tschinkel am 27. April 1974 in Sindelfingen in Anwesenheit des Verfassers und hoher Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens folgte anderntags eine Kultur­tagung mit einem Referat von Dr. Erich Petschauer. Er sprach vor den Delegierten aus der Bundesrepublik und Österreich, weiters Prof. Dr. Johannes Künzig und Waltraut Werner, Jakob Wolf von der Landsmannschaft der Donauschwaben und Ludwig Schuhmacher vom Innenministerium Baden-Württemberg über seine Arbeit am „Jahrhundertbuch der Gottscheer“.

Am Treffen der Landesgruppe Baden-Württemberg 1975 in Sindelfingen nahm die Reisegruppe aus den USA (rund 40 Personen) teil: diese – durchwegs dem Gottscheer Chor von New York zugehörig – wurde auch nach Aichelberg im nördlichen Schwarzwald gebracht, wo auf Initiative von Richard Lipowitz eine Gottscheer Gedenkstätte im Entstehen begriffen ist. Dieser „Gottscheer Brunnen“ wird im Rahmen des Bundestreffens (15. bis 17. Juli 1977, Aichelberg) eingeweiht. Das Programm umfasste einen Informationsvortrag für die Vertreter des Gemein­derates, anschließend ein öffentliches Singen. Die Einweihung im Rahmen eines ökumenischen Gottesdienstes gestalteten die Sing- und Trachtengruppe aus Klagenfurt und Gottscheer Sänger aus Deutschland mit ihren Liedern. Insgesamt nahmen rund 600 Menschen an den Feierlichkeiten teil, darunter neben den mitwirkenden Gruppen (Waldhornbläser, Gesangverein, Reiterverein, Trachten­gruppe), viele Einheimische. Das Bundesministerium des Inneren, die Landesre­gierung Baden-Württemberg, der Bund der Vertriebenen, die Patenstadt Sindel­fingen, die Donauschwäbische Landsmannschaft und die Gottscheer Landsmann­schaften in Österreich und in den USA hatten Delegierte entsandt.

Am 30. April 1978 stand das Bundestreffen in Köln im Zeichen „25 Jahre Landsmannschaft in Deutschland“: Delegierte aus Österreich und Australien nahmen daran teil, die Singgruppe aus Klagenfurt umrahmte es musikalisch. Das Bundestreffen 1979 fand am 17. Juni in Wildbad-Aichelberg statt.

Jährlich fanden vorweihnachtliche Feiern in Bayern (München), Baden-Württem­berg (Stuttgart, Reutlingen) und Nordrhein-Westfalen (Köln, Solingen) statt. Die Landesgruppe Nord-West (Köln) ließ sie zweimal ausfallen. Die Teilnehmerzahl bei diesen Zusammenkünften ist geringer, bedingt durch unsere Streulage und die meistens winterlichen Reisebedingungen. Weihnachtliches Brauchtum in der Sprachinsel und Erlebnisse daheim, gemeinsames Singen und Lichtbilderschauen prägen diese Feste.

Kulturelle Arbeitstagungen

Jährlich wird eine kulturelle Arbeitstagung durchgeführt, in der Regel über ein Wochenende im Jänner oder Februar, meistens in Ulm/Donau. Es nehmen teil: der Bundesvorstand, die Vorsitzenden der drei Landesgruppen und deren Kulturrefe­renten. Von Fall zu Fall kommen der Vorstand der Arbeitsgemeinschaft der Gottscheer Landsmannschaften – Dr. Viktor Michitsch. Villach, Vorsitzender, und Dr. Herbert Krauland, Klagenfurt, stellvertretender Vorsitzender – sowie der Schriftleiter der „Gottscheer Zeitung“ Klagenfurt. HD. Ludwig Kren. dazu. Dies ergibt in der Folge eine enge Zusammenarbeit bei den kulturellen Vorhaben und Maßnahmen, bezogen auf die gesamte Volksgruppe.

Kontaktpflege

Delegierte unserer Landsmannschaft werden entsandt:

  • zur Gottscheer Kulturwoche in Schloß Krastowitz/Klagenfurt mit abschließender Wallfahrt zur Gottscheer Gedächtniskirche Krastowitz (jährlich, am ersten Sonntag im August – rund 1500 Teilnehmer);
  • zu Treffen der Donauschwaben in Sindelfingen oder Ulm, jährlich:
  • zum Gottscheer Volksfest in New York (etwa 5000 Besucher), dies nur in Verbindung mit einer geplanten Reise nach Übersee (siehe den Reisebericht von Max Jaklitsch in den Folgen 2. 3. 4 der „Gottscheer Zeitung“ 1967), desgleichen zu Veranstaltungen des Gottscheer Vereins in Kanada. Von Fall zu Fall nimmt ein Delegierter an den Kulturtagungen der Donauschwaben und des Südostdeutschen Rates teil.

Vorträge

Veröffentlichungen:

  • „640 Jahre Gottschee“, bebilderte Festschrift. 1970. Ulm. Auflage 4000 (in Abstimmung mit der Arbeitsgemeinschaft der Gottscheer Landsmannschaften). Inhalt: Chronik – Das Land – Lebensformen im Gottscheer Dorf – Gedanken zur Volkskultur der Gottscheer – Eine Minderheit. ihre Umsiedlung und Flucht – Die Gottscheer Bürger in aller Welt – Mundartlyrik.
  • „Beiträge zur Geschichte und Kultur der Gottscheer“, ab 1969 als ständige Kulturbeilage und Mitteilungsschrift unserer Landsmannschaft monatlich in der „Gottscheer Zeitung“ (Klagenfurt). Auflage etwa 3000.
  • „Dar schpuata Herbischt“ – „Der späte Herbst“. Gedichte in Gottscheer Mundart von fünf Autoren, mit Übertragungen in das Schriftdeutsche. Auflage 1000. 1972 herausgegeben mit der Gottscheer Landsmannschaft Klagenfurt. Es handelte sich um den ersten Sammelband einer Gottscheer Lyrik überhaupt.
  • „Jahresrundschreiben“ an unsere Mitglieder und Landsleute in Deutschland, vervielfältigte Auflage etwa 850 Exemplare.

Die Landsmannschaft in Deutschland fördert durch Ankäufe das Gottscheer Schrifttum sowie Schallplattenaufnahmen.

Den bei der letzten Hauptversammlung gewählten Ausschuß bilden: Vorsitzender Richard Lackner, seine Stellvertreter sind Max Jaklitsch und Hans Stritzl (Ressen): Kassier ist Ernst Stalzer (Vertreter Rudolf Jonke aus der Stadt Gottschee), Schriftführer Kurt Bartelme (Vertreter Olga Spreitzer), Kassareviso­ren sind Frieda Denket und Maria Schager (Neuberg). Als Referenten fungieren Ulrike Bodamer, Richard Lipowitz (Suchen), Ernst Petsche und Olga Spreitzer;

weiter gehören dem Auschuß an: Josef Janesch, Josef Gladitsch, Emma Asbeck-Peu. Johann Fink, Theo Meditz, Hans Stampft, Erwin Lobe, Albert Gasparitsch, Herbert Michitsch, Hermann Bambitsch, Alois König und Franziska Schmitz.

Schrifttum

Ob der Streulage der Landsleute und der landsmannschaftlichen Vertreter werden volkskulturelle Vorträge und Darbietungen in die Bundes-, Landes- und Weihnachtstreffen eingebaut. Als Sonderveranstaltung kann die schon erwähnte Präsentation des Gottscheer Wörterbuches in Sindelfingen hervorgehoben werden. In Zusammenarbeit mit der Gottscheer Landsmannschaft Klagenfurt wurden im besagten Zeitraum bei den Gottscheer Kulturwochen in Schloß Krastowitz (Leitung OSR. Hermann Petschauer) folgende Referate von Repräsentanten unserer Landsmannschaft gehalten:

Dr. Erich Petschauer, zuletzt Hirschau/Chiemsee, gest. 1977:

„Die Gottscherin als Bewahrerin des Volksgutes in der Sprachinsel
„Die Besiedlung des Gottscheerlandes“
„1000 Jahre Kärnten und Gottschee“

Ferdinand Wittine, Sachsenheim/Württemberg:

„Das Gemeindewesen in Gottschee“

Ulrike Bodamer-Lackner, Stuttgart:

„Die Bedeutung der Gottscheer Volkslieder aus musikwissenschaftlicher Sicht“

Richard Lackner, Ulm:

„Die dreißiger Jahre in Gottschee“
„Die Gottscheer Jugend nach 1930 und ihr Programm zur Erhaltung des deutschen Gottscheerlandes“
„Die Gottscheer Mundartlyrik“

Quellenangaben:

650 Jahre Gottschee
Festbuch 1980
Max Jaklitsch
Hrsg.: Gottscheer Landsmannschaft Klagenfurt
Grafischer Betrieb Carinthia, Klagenfurt
Seite 229-235